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TRE® für hochsensible Personen (HSP)

Die Methode TRE® bietet für Hochsensible eine einfache Möglichkeit, ihre Selbstregulation zu verbessern und so in einen entspannteren Alltag zu finden. Um die Wirkweise von TRE® im Bereich Hochsensibilität zu erklären, werden im nachfolgenden Abschnitt zwei Phänomene genauer erläutert.

Hochsensibilität und Hypervigilanz

Das Verhalten einer hochsensiblen Person kann in Alltagssituationen sehr ähnlich sein wie das eines Menschen, der infolge einer traumatischen Erfahrung eine übermässige Wachsamkeit, eine sogenannte Hypervigilanz, erworben hat.

Hochsensibilität, auch Hochsensitivität genannt, ist eine angeborene Eigenschaft des Nervensystems, die dazu führt, dass Menschen innere und äussere Reize stärker wahrnehmen als der Durchschnitt. Die Grenzen zur Hochsensibilität sind fliessend und die Ausprägung bei jedem Hochsensiblen sehr individuell. Die Benennung dieses Persönlichkeitsmerkmals kann das Verständnis fördern, sowohl bei Hochsensiblen selber wie auch bei deren Umfeld.

Hypervigilanz ist eine übermässige Aktivierung des Nervensystems und kann als Folge von traumatischen Ereignissen entstehen. In existenziell bedrohlichen Situationen reagiert der Körper nicht mehr mit Kampf oder Flucht, sondern mit Erstarrung. In diesem Notfallprogramm dominiert Hilflosigkeit und Ohnmacht, und der Körper versucht nur noch zu funktionieren und zu überleben. Bei solch überfordernden Erfahrungen übernimmt der Hirnstamm die Kontrolle und aktiviert instinktive Überlebensreaktionen. Das denkende Hirn (Neokortex) wird dabei abgekoppelt und ausgeschaltet. Wenn der Organismus so überfordert ist, dass ein Mensch dauerhaft in seinen Verteidigungsstrategien feststeckt, bezeichnen wir dies als traumatisch. Dabei spielt es keine Rolle, was das Ereignis war, sondern nur, wie das Nervensystem auf die entsprechende Situation reagiert. Wird diese Trennung zwischen Hirnstamm und Kortex dauerhaft nicht aufgelöst, kann es zu einer Hypervigilanz führen, welche sich in Verhaltensweisen wie Angstzuständen, Depressionen, Anfälligkeit auf Krankheiten, Substanzmissbrauch, Impulsivität und Gewalttätigkeit zeigt. Menschen mit einer Hypervigilanz sind ständig auf der Hut um allfällige Gefahren wahrzunehmen. In einer stetigen inneren Unruhe scannen sie ihre Umgebung und ihr Gegenüber, um Bedrohungen frühstmöglich zu erkennen.

Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Wegen der vielen Reize, welche aufgenommen und sehr differenziert verarbeitet werden, sind hochsensible Menschen oft dauerhaft an oder über der Grenze zur emotionalen Überforderung und Stress, was zu einer traumatischen Erfahrung werden kann. So können Hochsensible zusätzlich eine Hypervigilanz entwickeln, was die Grenze unklarer werden lässt. Auch sind sie besonders gefährdet, eine Erschöpfung oder gar ein Burnout zu erleiden, denn nur zu gut kennen sie Selbstzweifel, angestrebte Perfektion, Versuche der Anpassung und die Frage nach Sinnhaftigkeit.

Sowohl bei Personen mit Hochsensibilität, wie auch mit einer Hypervigilanz, ist durch eine höhere Empfindlichkeit auf äussere Einflüsse die Schwelle der Überreizung früher erreicht als bei anderen Menschen. Wie mit der Reizflut umgegangen wird und wie schnell jemand wieder in die emotionale Komfortzone zurückfindet, hängt unter anderem mit der Fähigkeit zur Selbstregulation zusammen.

Hochsensible, die keine zusätzliche Traumatisierung erfahren haben, treten in vielerlei Hinsicht anders in Erscheinung als traumatisierte Individuen. Zeigen sich bei hochsensiblen Menschen Anzeichen einer Traumafolgestörung, dann sollten diese nicht nur auf die Hochsensibilität zurückgeführt und als gegeben hingenommen werden. In diesen Fällen macht es Sinn gezielt mit Traumatherapie Einfluss zu nehmen und dadurch die Lebensqualität der Betroffenen deutlich zu steigern.

Symptome einer Hypervigilanz wären beispielsweise folgende: Rastlosigkeit und Nervosität, das Gefühl, nicht zur Ruhe kommen zu können, Schlafprobleme, auch intensive angenehme Emotionen sind nicht einfach auszuhalten, der Versuch mit Suchtmitteln die Gefühle zu betäuben, Erinnerungslücken, Schwierigkeiten Bindungen einzugehen, ein Gefühl der Leere, ein erschwerter Zugang zu sich selber und den eigenen Empfindungen, Schwierigkeiten die eigenen Grenzen wahrzunehmen und zu spüren, was einem gut tut.

Im Gegensatz dazu weisen hochsensible Menschen ohne Traumatisierung eher folgende Eigenschaften auf: sie geniessen die Zeit für sich alleine, schlafen viel, lehnen Suchtmittel ab, haben viele Erinnerungen auch an sehr frühe Lebensjahre, lieben tiefe Verbindungen in Freundschaft und Partnerschaft, haben ein sehr sensibles Körpergefühl und einen guten Kontakt zu ihren Emotionen.

Wenn durch eine Reizflut die Komfortzone verlassen wird, sind die Reaktionen von Menschen mit Hochsensibilität und mit Hypervigilanz nicht unterscheidbar. Hochsensible, die auf ihre Körperwahrnehmung achten und sich selber gut regulieren können, werden relativ bald wieder in ihrer emotionalen Komfortzone sein. Traumatisierte Menschen hingegen fühlen sich solchen Situationen eher ausgeliefert und verbleiben im Erstarren, Kampf- oder Fluchtmodus.

Zurück in die Balance mit TRE®

Hochsensible Menschen können von der Methode TRE® profitieren, indem dadurch ihre Selbstregulation verbessert wird und sie entsprechend besser mit den vielen Reizen umgehen können. Durch das TRE® können sie ihr Nervensystem zurück in die Balance bringen, ihre emotionale Komfortzone vergrössern und somit den Alltagsstress reduzieren.

Hochsensible Menschen, die zusätzlich traumatisiert sind, profitieren von TRE® als traumalösende Methode und können so Stück für Stück zu sich finden. Je mehr Spannungen sie aus ihrem Nervensystem lösen können und auf dieser körperlichen Ebene zur Ruhe finden, desto mehr werden die Eigenschaften der Hochsensibilität zu einem Geschenk, welches das Leben und die Beziehungen bereichert und nicht belastet.

Manuela Mühlemann: www.attento.ch

Co-Teaching in der TRE-Fortbildung

In TRE gehen wir im Sinne der Polyvagaltheorie von Porges davon aus, dass wir menschliche Säugetiere in ständiger Co-Regulation leben. Unsere Nervensysteme stimmen sich aufeinander ein und stellen im besten Fall gemeinsam Sicherheit her. Für die TRE-Fortbildung haben wir das Format des Co-Teachings gewählt, einerseits um uns als Lehrende zu ergänzen und zu co-regulieren, andererseits, um den Fortbildungsteilnehmenden verschiedene TRE-Stile und Berufshintergründe zu bieten. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass dies gut funktioniert. Als Co-Teacher stellen wir zusammen mit den Assistierenden einen Lernraum zur Verfügung, in dem Teilnehmende sich austauschen und neue TRE-Elemente ausprobieren können. Die Sicherheit dieses Lernraums entsteht nicht durch einen perfekten Rahmen, sondern durch Fehlertoleranz der Lehrenden, durch «Ruptur und Reparatur» innerhalb der Lernbeziehungen. So wie die Teilnehmenden nicht «alles richtig» machen müssen, gehen auch wir Lehrenden davon aus, dass wir immer wieder Fehler machen, zum Beispiel Demos schiefgehen oder wir nicht ganz eingestimmt auf Teilnehmende reagieren. Diese kleinen Brüche, «Rupturen», verstehen wir als Lerngelegenheiten, die «Reparaturprozesse» anregen. Diese beinhalten das gemeinsame Anerkennen des Bruchs, allenfalls Wiedergutmachung und Würdigen des daraus Gelernten. So wird wieder Sicherheit im Lerngefäss hergestellt. Mit jedem durchlaufenen Reparaturprozess stärkt und erweitert sich der Raum für gemeinsames Lernen. Auf uns einzelne Menschen übersetzt bedeutet dies eine Stärkung unseres inneren Gefässes, unserer Fähigkeit, herausfordernde Situationen lebendig zu meistern. Dies erhöht unsere Resilienz.

So wie in der japanischen Tradition des kintsugi zerbrochene Schalen mit Goldlack ausgebessert und zu neuen Kreationen zusammengefügt werden, können in Lernbeziehungen durch Brüche und Reparaturprozesse erweiterte und sichere Lerngefässe geschaffen werden.
Verena Maggioni www.verenamaggioni.ch


Advanced Seminar Verwendung von Berührung in TRE© mit Steve Haines 27.+28.8.22

Berührung kann bei TRE die Sicherheit, die Verkörperung und die Beziehung unterstützen. Steve Haines hat uns in die Geheimnisse des sanften Händeauflegens (Selbst- und zwischenmenschlicher Kontakt), des langsamen Streichens, sowie der aktiven Berührung und des Widerstandes bei TRE eingeführt. Am eigenen Körper konnten wir erleben und auch bei anderen beobachten, wie sich präsente Berührungen positiv auf den Körper und aufs Zittern auswirkten. Die Bewegungen wurden ganzheitlicher, geschmeidiger und die Verbindung zum eigenen Körper intensiver. Es war eine sehr tiefe und berührende Erfahrung, die wir gerne unseren TRE-Klient:innen weitergeben. Ein nächstes Advanced Seminar für Provider und Provider in Fortbildung ist für 2023 in Planung.

Eva Buschor https://www.eva-bewegt.ch/

TRE® – oder Körperzittern im Coaching

Der Einbezug körperlicher Reaktionen in Coaching wird immer beliebter und führt zu einer ganzheitlicheren Betrachtung von Anliegen, die ja nicht nur im Kopf, sondern mit dem ganzen Körper erfahren und abgebildet werden. Deshalb macht es Sinn körperliche Reaktionen, wie ein Zittern in den Lösungsprozess einzubeziehen. Das im TRE® (Tension Release & Exercise) nach David Bercelli beschriebene neurogene Zittern ist eine Möglichkeit körperliche Reaktionen zu erfassen und im Coachingprozess zu nutzen.

Ist Ihnen auch schon mal aufgefallen, dass in einem Gespräch das Gegenüber gezuckt oder gezittert hat, vielleicht darüber peinlich berührt war oder sich entschuldigte? Eine körperliche Reaktion auf eine Aussage oder ein Wort ist unserer zivilisierten Welt fremd, jedoch für die körperliche „Entladung“ und Regeneration lebensnotwendig. Seit ich mit TRE® arbeite, achte ich mich noch viel mehr darauf, wie der Körper in gewissen Situationen reagiert und beziehe die Körpersignale in den Coachingprozess ein. Wird im Coaching ein Thema angetippt, kann das zu einem körperlichen Vibrieren, einem Körperzittern oder sogenannten ideomotorischen Zuckungen (Bewegungen, die unwillkürlich zustande kommen) führen.

Das ist ein gutes Zeichen im Prozess, macht manchmal dem Coach wie auch dem Kunden Unbehagen vielleicht sogar etwas Angst die Kontrolle zu verlieren. Es ist jedoch so, dass die Reaktionen des Körpers z. B. durch Zittern sehr gesund sind und förderlich in einem ganzheitlichen Lösungs- und Veränderungsprozess. Ja – es kann sogar Sinn machen dieses Körperzittern in den Entwicklungsprozess zu integrieren. Die geschieht dadurch, dass der Reaktion Raum gegeben wird, durch innehalten und dem Körper die Möglichkeit gegeben wird „sein“ Erleben auszudrücken. Der Coach unterstützt die körperlichen Reaktionen, indem er sie benennt, ja sogar fördert und dem Kunden Sicherheit und Vertrauen gibt.

Dies geschieht über Blickkontakt, im Gespräch mit dem Kunden, indem die Gefühle und Stimmungen erfragt werden, Vertrauen in die Normalisierung des eigenen Zitterns geben wird, über die Atmung die Verbindung zu sich geschaffen wird. Dies gilt für den Coach wie auch für den Kunden. Gefühle der Erleichterung oder ein Aufatmen zeigt, dass der Körper die Energie entladen und sich ausgedrückt hat, wie ihn dieses Thema beschäftigt.

Die räumliche Orientierung, die Ermunterung zu spüren und beobachten führt zu einer Anbindung des Erlebten an sich selbst. Das ergibt ein Gefühl der Erdung (Grounding), was ganz wichtig für den ganzheitlichen Lösungsprozess ist. Das bewirkt, dass die Möglichkeiten an Veränderungen in Bezug auf das Anliegen, neue Impulse und Ideen, die auch aus dem Körper kommen, deutlich verbessert. Es gibt ein neues Feld an Lösungsmöglichkeiten – diese kommen nicht nur über die Kognition – sondern in Einbezug des Körpers, was eine grosse Bereicherung ist – denn wir sind ja nicht nur Kopf, wir sind auch Körper und diesen können wir mit seinen Impulsen und dem intuitiven Wissen in den Lösungsprozess miteinbeziehen. Dadurch dass wir die natürlichen Reaktionen des Körpers zulassen und sie vielleicht durch gezielte Beobachtung ein wenig hervorholen, für eine sichere Umgebung sorgen, holen wir einen wichtigen Teil im Entwicklungsprozess zum ganzheitlichen Erleben ein.

Also keine Angst vor Körperimpulsen in Form von Zittern oder Vibrieren, es ist ein Zeichen, dass wir in Verbindung mit unserem Körper sind und durch die Präsenz im Körper wertvolle Impulse für neue Ideen bekommen können.

Ich wünsche uns allen viel Freude und viel Erfolg im Einbezug von körperlichen Reaktionen und Zittern im Körper im Coaching- oder Therapieprozess.

Sabine Haldemann von Wendepunkt gestalten